Bunte Kunst und ungewöhnlicher Garten: Alles, nur nicht stachlig
Künstler | |
Wolfgang Ewest | |
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Klare Linien im Kopf
Stand: November 2022
Technik und Naturwissenschaften erfordern Lösungen, was aber nicht immer klappt. Die Kunst hingegen ermöglicht volle Freiheit.
Währenddessen gibt die Natur wenig Chancen für Manipulationen, insbesondere, wenn
es sich um wenig erforschte Pflanzen handelt. Dieses „dreidimensionale Spannungsfeld“ lässt einen Bernauer seit Kindheit nicht mehr los. „Ich war schon immer kunstinteressiert und ebenso von Pflanzen beeindruckt. Dennoch habe ich mich beruflich für die Physik entschieden“, fasst Wolfgang
Ewest zusammen.
Romantik und Avantgarde
Während der heute 75-Jährige beruflich im „Werk für
Fernsehtechnik“ in Berlin-Oberschönweide für die Versorgung der DDR mit TV-Bildröhren tätig war, griff er in
der Freizeit immer öfter zu
Pinsel und Leinwand. Die
„Erweckung“ kam, als er eine Ausstellung des japanischen Künstlers Higashiyama Kaii auf der Museumsinsel in Berlin besuchte. Dieser veränderte das Bild der Landschaftsmalerei durch Betonung von klaren Linien und Formen. Er hatte von 1933 bis 1935 Kunstgeschichte in Berlin studiert und „brachte“ die Werke der deutschen Romantiker wie Caspar David Friedrich nach Japan. Mit seiner ungewöhnlichen Darstellungsweise konnte er sogar avantgardistische Maler der Moderne, wie Pop-Art-Künstler Andy Warhol und
Joseph Beuys, überzeugen.
Zusammen machten sie ein „Fax-Art-Projekt“ als Friedensprotest gegen den Kalten Krieg.
Schnell zum Ergebnis
Wolfgang Ewest war hingerissen. Hier trafen sich die Nüchternheit des nach klaren Linien strebenden Technikers mit der bildlichen Klarheit des
Japaners. Bei Wolfgang Ewest hängen nun Bilder aus seiner Hand an der Wohnzimmerwand, die dies aufgenommen und weiterentwickelt haben. Seine Leidenschaft für klare Formen führt zu einer abstrahierenden, überaus bunten Wiedergabe von Landschaften. „Wenn ich ein Bild anfange, muss ich es zu Ende bringen. Es gibt Maler, die über Monate oder längere Zeiträume an einem Werk arbeiten. Ich mache das überaus konzentriert, so dass es nach spätestens einer Woche fertig ist“, hört man hier schon wieder den ergebnisorientierten Physiker heraus. „Jeder kann in meinen Arbeiten etwas anderes sehen. Wichtig ist mir, dass sie fesseln und eine bestimmte Stimmung ausdrücken“, führt er weiter aus.
Langweilige Kakteen
Da Physik die Natur so erklärt, dass daraus technische Lösungen entstehen können, ist das Naturinteresse bei Wolfgang Ewest in seinem Inneren fest verwurzelt. Allerdings weiß er, dass seine Einwirkungsmöglichkeiten gering sind. Er hat sich auf Pflanzen konzentriert, von denen viele noch wenig
erforscht sind. Sein Herz schlägt „für Sukkulenten, die keine Kakteen sind“, da er
ihre stachligen Verwandten mit der Blütenpracht „langweilig“ findet.
Einzigartig in der Region
Besonders attraktiv findet er hingegen eher unscheinbare „Euphorbien“: „Diese sind auf der ganzen Welt zu finden. Sie mögen ein warmes und trockenes Klima“, schaut er seinen pflanzlichen Lieblingen „ins Herz“. Die Samen sammelten der Globetrotter und seine Ehefrau Birgit Ewest auf ausgedehnten Reisen ein oder er bezieht sie von gleichgesinnten Sammlern. Er trifft sie unter anderem in der deutschlandweit tätigen „Fachgesellschaft andere Sukkulenten“ mit Sitz in Unna in Nordrhein-Westfalen. Hier fungiert er als Schriftführer. Höhepunkte sind Fachausstellungen, für die Wolfgang Ewest schon mal seine ausgesuchten Pflanzen in der Küche aufreiht.
Studentenliebe
Ehefrau Birgit Ewest, die als Ärztin arbeitete, sieht die
„Bereicherung“ ihres Küchenlebens mit Humor.
Schließlich hat sich das Paar im Karneval getroffen und
gefunden. „Es war damals so, dass Physik meist von Männern studiert wurde. Medizin war hingegen eher eine weibliche Domäne. Also war es für uns klar, dass wir angehende Medizinerinnen zum Fasching einladen mussten, damit dort Stimmung aufkommt!“
Steine und Natur
Ewest ist in der Region mit seiner Pflanzensammlung ebenso einzigartig wie mit seinen minimalistischen Bildern. Sein Garten rundet dies ab, denn hier geht er ebenso eigene Wege. Er verbindet die Nüchternheit von Natursteinkompositionen mit dem immer wieder überbordenden Pflanzenleben zu einem Paradies, das seinen Bildern schon sehr nahe kommt.
Vor allem vereint sein ungewöhnlicher Garten die Unbeherrschbarkeit der Natur durch den Menschen mit der Gestaltung in klaren Linien, wie sie der Techniker schätzt.
Allerdings überzeugt selbst den Techniker der technische Fortschritt nicht immer. So verzichtet er darauf, seine durchaus herzeigbaren Arbeiten im Internet zugänglich zu machen. Der Grund: Er hat Angst davor, dass seine Werke „geklaut“ werden. Dann allerdings kämen sie zu einer Verbreitung, die ihnen durchaus zustehen würde.